Im Zug schaute mich jemand ganz direkt an. Ich schaute direkt zurück, Auge in Auge. Gerätselt und trotzdem nicht herausgekriegt, ob ich jetzt angelächelt werde oder nicht. Auf dem Marktplatz neulich dieselbe Situation. Im Supermarkt dagegen konnte ich problemlos erahnen, dass ich einer anderen Frau zu nahe gekommen war. Ihre Augen sprühten ein bisschen, sehr sogar sprühten sie. Ich habe schnell weggeschaut und mich vor allem wegbewegt.
Bei der Offenen Nacht der Kirchen, wo ich gerade war, lächelte die Frau am Eingang direkt durch die Maske hindurch. Obwohl die sehr groß und sehr bunt und mindestens dreilagig war. Ich glaube, sie hat mein Lächeln auch gesehen.

Beim online-Treffen am Rechner setzen wir auch manchmal die Masken auf und dann noch die roten Nasen oben drauf. Doppelt hält besser. Außerdem erhält die Maske dadurch einen charmanten Akzent. Das Atmen wird nicht schwieriger und der Schutz verdoppelt sich quasi. Da kann man dann sehr nahe an die Kamera heran, der Abstand von mindestens ein Meter fuffzig schmilzt auf Millimeter, gleichzeitig können tausende von Kilometern dazwischen sein. Macht aber nichts. Ich höre das Schnaufen, ich sehe die blitzende Augen, ich sehe sogar die Grimassen unter dem Stoff und höre lustige Tonfolgen.

Also Abstand, also Mund- und Nasenschutz, also keine gefährliche Nähe, nicht zu viele auf einem Haufen, nicht zu lange dieselbe Luft eingeschnauft ....... und was bedeutet das jetzt für die Frage nach Nähe und Distanz? Distanz anstelle von Nähe? Nähe auf Distanz?

Sogar mehr Nähe! Weil ich jetzt noch genauer hinschauen, - hören, -riechen muss. Und es geht. Schließlich spricht ja auch der ganze restliche Körper. Dann lesen wir halt überall ab: Von den Fingern, den Füßen, den kleinen Bewegungen der einen Hand, der Haarsträhne oder der Falte, vom Wackeln der Ohren und eben von den Augen. Zwinker!