Wie in jedem Jahr steht auf dem Küchenfensterbrett eine Amaryllis, die an den Feiertagen ihre gigantischen Blüten entfaltet. Ein bisschen blitzen auch die Türme der Marienkirche in Gelnhausen zwischen den Altstadtdächern hervor. Wer mit dem Zug auf der vielbefahrenen Strecke Frankfurt - Fulda hier vorbeifährt, kann sie von Weitem sehen.

Ich mag es, dass Weihnachten einfach alle Jahre da ist und gefeiert werden will. Ich mag das Wiederkehrende bei all den Nachrichten, Zeitenwenden, Paradigmenwechseln. Ich mag auch Veränderung, ich halte sie sogar für sehr wichtig. Denn ständig braucht es gute Lösungen, ein angemesseneneres Verhalten, neue Einschätzungen. Zum Glück, denke ich, bin auch nicht immer dieselbe! Nicht nur, dass ich älter werde, ich lerne auch dazu und verlerne, ich lerne neue Menschen und andere Situationen kennen. Das empfinde ich als inspirierend. Ich schätze Unterbrechungen, damit es nicht nur mehr von Demselben ist.

Aber ich mag eben auch das Zyklische in allem Fortschreitenden. Denn es braucht auch die Besinnung auf dieses Wiederkehrende, was ja nie ganz weg ist. Und ob das Fortschreitende tatsächlich Fortschritt ist, muss sich ja immer erst noch erweisen. Und das ist jetzt eben mal wieder die Weihnachtsgeschichte. Nicht nur der Stall und so. In der Adventszeit war ich bei einem Konzert, bei dem das Magnifikat von Johann Sebastian Bach und das von Arvo Pärt miteinander aufgeführt wurde. Dazu noch eine ganz starke Aktualisierung mit Mitteln des Theaters und Sounds durch Schüler:innen. "Wege aus der Gewalt" gibt es hier auf youtube. Dieser Lobgesang der Maria ist ein richtiges Stück Widerstand und Kritik an Herrschaftsverhältnissen.

Lukas Kapitel 1 (Auszug)
46Und Maria sprach:
»Meine Seele lobt die Lebendige,
47und mein Geist jubelt über Gott , die mich rettet.
48Sie hat auf die Erniedrigung ihrer Sklavin geschaut.
Seht, von nun an werden mich alle Generationen glücklich preisen,
49denn Großes hat die göttliche Macht an mir getan,
und heilig ist ihr Name.

51Sie hat Gewaltiges bewirkt.
Mit ihrem Arm hat sie die auseinander getrieben,
die ihr Herz darauf gerichtet haben,
sich über andere zu erheben.
52Sie hat Mächtige von den Thronen gestürzt und
Erniedrigte erhöht,
53Hungernde hat sie mit Gutem gefüllt
und Reiche leer weggeschickt.«