Den Satz habe ich ja seit meiner Pubertät nicht mehr gesagt! Nein, stimmt nicht, manchmal habe ich ihn auch im Urlaub mit langgezogenen Vokalen vor mich hin genölt. Aber jetzt, nach nur einer Woche "Corona", geht es mir schon so. Es ist alles abgsagt, ich habe keine Aufträge, muss keine Seminare, Kurse, Workshops vor- oder nachbereiten, geschweige denn halten. Stücke, die in Vorbereitung sind, liegen erst einmal auf Eis. Auftritte sind verschoben oder fallen ganz aus. Alle Telefonate mit Veranstalter*innen sind erledigt. Von den allermeisten Freund*innen weiß ich, wie es ihnen gerade geht. Mit den Nachbarinnen haben wir uns abgesprochen. Ich war walken und spazieren, habe schon Balkonkästen bepflanzt. Ich habe zwei Ordner ausgemistet, uralte Dateiordner gelöscht, mehrmals lecker gekocht und sogar einen wunderbaren Hefezopf gebacken. Denn so hat es die taz vom Wochenende vorgeschlagen. Er schmeckt köstlich, fast so wie der früher von meiner Mutter, nur dass ihrer noch besser war. Oder ist das nur so in meiner Erinnerung? Ich habe mich auch erkundigt, wie es um mich als Solo-Selbständige steht und warte jetzt die neuesten politischen Entscheidungen dazu ab. Das braucht glücklicherweise, anders bei vielen, die ich kenne, keine große Sorge zu sein. Es gibt vieles, von dem ich immer sagte, dass ich dafür mal gerne so richtig viel Zeit bräuchte. Jetzt ist sie da. Aber ich habe keine Lust dazu. Denn ich arbeite wirklich so gerne! Bin so gerne mit Menschen zusammen! Bewege mich so gerne und am liebsten spielerisch in großen Räumen, mal mit roter Nase, mal ohne, mal laut, mal leise. Stattdessen ist mir so langweilig. Gut, dann schreibe ich das eben mal auf. Voilà! Aber ja, es ist richtig gut, dass es mir jetzt langweilig ist. Alles andere würde mich erschrecken. Ich kann nicht so schnell umschalten und tausend tolle Ideen für diese frei gewordene Zeit entwickeln. Ich mag nicht stundenlang im Netz hängen, chatten und blabla. Ich mag keine Video-Konferenzen, vorher nicht und jetzt auch nicht. Ich mag auch noch nicht vollmundig verkünden, dass Humor uns auch in dieser Situation hilft, obwohl ich fest davon überzeugt bin (und mir bestimmt, ob ich will oder nicht, bald was dazu einfallen wird). Ich mag mich auch noch nicht engagieren, obwohl ich es schon ein bisschen in der letzten Woche getan habe. Vielleicht mag ich bald beim Pflanzen und beim Ernten helfen, vielleicht für andere einkaufen gehen. Es wird viel zu tun geben. Deshalb will ich noch weiter hören, wie es Bekannten finanziell und gesundheitlich geht. Will wissen, ob die unbegleiteten Jugendlichen jetzt endlich ins Land dürfen. Will nachfragen, wie es meinen Freund*innen in Italien geht. Von ihnen erhalte ich die meisten Cartoons, Witze und lustigen Videos. Aber erst muss ich ein bisschen trauern - und die Langeweile aushalten.