Kluge und törichte Jungfrauen am Straßburger Münster

Sie hätten mit einer kleinen Frauengruppe das Straßburger Münster besucht und seien eine ganze Weile vor den Statuen der klugen und törichten Jungfrauen stehen geblieben. Schließlich meinte die Eine: "Die törichten Jungfrauen haben aber mehr Spaß! Da wäre ich doch auch lieber töricht!"

Jahrhundertelang hatte man es den Frauen in den Kirchen auferlegt, klug und mäßig zu sein, nur leise und freundlich zu lachen, auf keinen Fall aber laut und ausgelassen, bescheiden und häuslich zu sein. Im Fall des Gleichnisses (Matthäus 25,1-13) hieß das, genug Ölvorräte dabei zu haben für die lange Nacht, in der sie auf den Bräutigam warten sollten. Fünf von ihnen hatten vorgesorgt, die anderen fünf nicht. Deren Lampen gingen aus und prompt wurden sie ausgeschlossen von dem Hochzeitsfest. So die übliche Lesart, mit der auch die Frauen aus dieser Gruppe aufgewachsen waren. Törichte Jungfrauen müssen also die harten Konsequenzen tragen. Damit wurden sie eingeschüchtert.

Ich weiß nicht, ob diese Frauengruppe auch eine andere, feministische Lesart des Gleichnisses kennt. Aber neulich, bei einem Humorseminar wurde mir verraten, dass das Lachen der sogenannten törichten Jungfrauen sehr ansteckend und verlockend sei, wesentlich attraktiver als die kummervollen Mienen der sogenannten klugen Jungfrauen. So war es von den kirchlichen Auftraggebern sicherlich nicht gemeint. Aber nun, inzwischen vertrauen wir auch auf unsere Wahrnehmung, machen uns selbst ein Bild und folgen nicht mehr einfach Ratschlägen und Lehrmeinungen.

Warum auch sollte das Lachen so verpönt sein, wo doch im Hochzeitssaal sicherlich gefeiert und gelacht wurde. Ich bezweifle seit einiger Zeit, dass das Gleichnis als Ermahnung an faule Frauen gelesen werden will. Umgekehrt, es soll als Vergleich gelesen werden: So bitte nicht! Macht es nicht so und lasst euch nicht gegeneinander ausspielen. Wo bleibt die Frauensolidarität und das Recht für alle, fröhlich zu feiern und ausgelassen zu lachen?

Wieso also nicht das Öl teilen, es reicht vermutlich für alle. Oder es brennt eben nur jede zweite Fackel. So dunkel wird es schon nicht gewesen sein. Vielleicht hat ja der Mond geschienen. Und zum Kaufmann wird auch keine der Frauen geschickt, das ist ja die Vorwegnahme ihres Ausschlusses, ein fieser Trick. Denn in der Geschichte werden die sog. törichten zum Kaufmann geschickt, um Öl nachzukaufen. Und natürlich sind sie dann gerade weg, wenn der Bräutigam kommt. Da machen sich die sogenannten klugen Frauen besonders zu Komplizinnen des Bräutigams. Und wenn es schon so gewesen wäre, die einen weg, um mitten in der Nacht Öl zu kaufen, die anderen beim Fest: Muss es denn der Bräutigam sein, der für die Verspäteten die Tür zum Hochzeitssaal öffnet? Kann denn keine der anderen Frauen diese Tür da aufmachen!? Wer hat hier eigentlich die Schlüsselgewalt und wem wird sie überlassen?
Ach, und auch das noch, ich glaube nicht, dass mit dem Bräutigam Jesus gemeint ist, sondern eben irgendein Bräutigam. Dieses Schielen nur auf ihn ist außerdem völlig unpassend. Wer weiß, wie viele dieser jungen Frauen überhaupt auf Männer stehen.

Aber wie auch immer die Geschichte verstanden werden soll oder verstanden wird, das Lachen der Skulpturen hat bereits überzeugt und angesteckt. So setzt sich manches entgegen der Absicht eben durch. Grins!