Ich schlage meinen Kalender auf und will eintragen, wann ich morgen mit einer Kollegin telefoniere. Für jeden Tag habe ich eine ganze Spalte in meinem Kalender, mit Halbstundenschritten - also sehr viel Platz. Aber jetzt ist der ganze Tag schon voll, weil ich ja eigentlich gar nicht da wäre, sondern an einem bestimmten Ort einen bestimmten Kurs geben würde, eigentlich! Der ist natürlich längst gestrichen! Soll ich den jetzt rausradieren, damit Platz wird für den neuen Eintrag? Soll ich eine andere Farbe wählen? Soll ich den neuen Termin einfach fett darübermalen? Das sind Probleme, nicht wahr ;-) Und doch bringen Sie mich zu der Überlegung, was denn eigentlich los ist. Was ist eigentlich? Das was wäre, wenn nicht ... Corona usw. Das, was hätte sein können und nicht nur geplant, sondern auch gewollt war, im Unterschied zu dem, was sich jetzt nach und nach in die freie Zeit schiebt? Aber ist das Neue jetzt weniger gewollt? Oder sogar mehr? Bin ich sogar froh über manches, das jetzt nicht statt findet? Natürlich bin ich nicht froh, denn ich hätte damit Geld verdient, und ich liebe meine Arbeit und die Begegnungen mit so tollen Menschen, die ich dabei treffe. Oder? Umgekehrt ging es mir schon manchmal so: Ich habe den Koffer gepackt und soll mich auf die Reise zu einem Kurs machen. Dann erwische mich dabei, wie ich denke, was ich alles machen würde, wenn ich jetzt nicht fahren würde. Denn eigentlich wäre es jetzt schön, diesen einen Gedanken weiterzudenken und dazu etwas zu lesen. Und eigentlich wäre es auch schön, die Blüten aufgehen zu sehen, wo ich die Pflanzen doch selbst gesetzt habe. Und eigentlich wäre da eine Einladung, die ich jetzt leider nicht wahrnehmen kann ... Am Wochenende bin ich spazieren gegangen und traf zufällig in einem Dorf auf einen Menschen, der von daher kommt, wo ich jetzt eigentlich sein sollte, um einen Kurs zu geben. Ich hätte ihn nie getroffen, wenn ich nicht da geblieben wäre, ihn, der von da ist, wo ich eigentlich hinwollte ... derselbe Platzwechsel wie in meinem Kalender spielt sich da ab! Also, was ist eigentlich? Soll ich die abgesagten und in den Kalendern der Anderen gestrichenen Termine auch endlich im Kalender streichen? Soll ich sie aufbewahren, weil es doch so schön gewesen wäre, das alles zu tun? Ich glaube, ich muss sie noch ein bisschen betrauern und dann aber ausradieren. Denn eigentlich spielt das Leben im Hier und Jetzt. Da wo ich jetzt bin und was ich hier mache, bin ich eigentlich. Mit mir, meiner ganzen Person, mit dem Bedauern und den unerwartbaren Erfahrungen. Und das ist doch ganz gut so, eigentlich! Nein! Kein Aber!